Über mangelndes Interesse konnte der zweite Berliner Landesarchivtag, der am 20. November 2018 in der Akademie der Künste stattfand, wahrlich nicht klagen.
Über 260 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren der Einladung des Vorstands des VdA-Landesverbands Berlin gefolgt. Das Thema “Analog zur Wirklichkeit – Mediale Quellen in Archiven” zog dabei nicht nur Kolleginnen und Kollegen aus Berlin und Brandenburg an, sondern auch beispielsweise aus Sachsen und Bayern.
Das erste Panel “Ohne Bild und Ton?” beschäftigte sich mit der Sicherung, Digitalisierung und Benutzung analoger AV-Medien. Die Referenten stellten hier ihre Arbeitsergebnisse aus den Bereichen Erschließung, Digitalisierung und Restaurierung vor. Aus allen Beiträgen wurde die Warnung deutlich, bei der Sicherung analoger audiovisueller Medien nicht länger zu warten, um dem fortschreitenden Verfall der betreffenden Quellen und dem Veraltern der Abspieltechnik entgegenzuwirken und damit Erhalt und Lesbarkeit dauerhaft zu gewährleisten. Dabei appellierten die Rednerinnen und Redner an die Archivträger und die öffentliche Hand, entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um den drohenden Verlust dieser wertvollen Quellen zu verhindern. Unterstützt wurden die Beiträge durch die Präsentation ausgewählter Bild- und Tonquellen, beispielsweise eine Videoaufzeichnung aus der Gründungsphase der Tanzfabrik Berlin, die vom Mime-Zentrum des Internationalen Theaterinstituts digitalisiert wurde.
Der zweite Teil des Vormittags widmete sich der Benutzung und Rechtsfragen von AV-Medien und traf damit den Nerv der Archivarinnen und Archivare, die sich immer wieder und immer häufiger mit Fragen des Urheber-, Nutzungs- und Persönlichkeitsrechts sowie vieler weiterer Rechtsnormen konfrontiert sehen. Einen Höhepunkt dieser Sitzung bildete der Beitrag von Andres Veiel, der Ausschnitte aus seiner Dokumentar-Filmbiographie “Beuys” zeigte. Anschließend berichtete der Regisseur, quasi aus der Nutzerperspektive, von den Schwierigkeiten, die im Film verwandten Archivquellen ausfindig zu machen und die notwendigen Rechte zu klären .
Nach der Mittagspause standen zunächst Web-2.0-Anwendungen und deren Nutzbarkeit wie Nutzen für Archive im Mittelpunkt. Holger Plickert und Marcus Cyron von der Wikimedia-Foundation warben engagiert fürs Mitmachen bei der Wikipedia und ihren Schwesterprojekten, denn: die Archivare sitzen, wie niemand sonst, unmittelbar an den Quellen, die die Basis für die Beiträge bilden. Im Anschluss daran wurden verschiedene archivische Weblogs, Facebook- und Instagram-Projekte vorgestellt.
Eine Neuerung der diesjährigen Tagung stellte die “Aktuelle Stunde” dar, deren Themen so unterschiedlich waren, dass sie hier im Einzelnen benannt werden sollen. So wies Christiane Bruns (BStU) auf den kritischen Stand bei der FaMI-Ausbildung in Berlin hin, Michael Scholz (FH Potsdam) gelang im engen zeitlichen Rahmen eine grundlegende Darstellung der wichtigsten Bestimmungen der EU-Datenschutzgrundverordnung und ihrer Folgen für die Archive, gefolgt von der Vorstellung zweier praktischer Tools aus dem Bereich der Benutzung, nämlich der Online-Reservierung von Arbeitsplätzen im Benutzersaal (Henning Pahl, Evangelisches Zentralarchiv) und der Anfragenbearbeitung im Ticketsystem (Wolfgang Krogel, Evangelisches Landeskirchliches Archiv). Zum Schluss dieser Sitzung stellte Anja Müller (digiS) die Möglichkeiten des Förderprogramms zur Digitalisierung von Kulturgut des Landes Berlin vor.
Am Ende dieses Tages waren die Mitglieder des VdA-Landesverbands Berlin aufgerufen, einen neuen Vorstand zu wählen, nachdem der Vorsitzende Torsten Musial die Arbeitsergebnisse der zurückliegenden zwei Jahre referierte und den beiden ausscheidenden Vorstandsmitgliedern Gabriele Giwan und Gwyn Pietsch seinen Dank für ihre Arbeit aussprach. Nach dem Wahlergebnis gehören dem neuen Landesvorstand an: Matthias Buchholz (Archiv der Stiftung Aufarbeitung), Philip Gorki (Archiv der Berlinischen Galerie), Torsten Musial (AdK-Archiv), Ines Oberling (BStU), Karl Sand (Archiv des Deutschen Theaters), Irina Schwab (Archiv der TU), Bianca Welzing-Bräutigam (Landesarchiv), Yves A. Pillep (Domarchiv) sowie die beiden neuen Mitglieder Rebecca Hernandez-Garcia (Archiv der DDR-Opposition) und Kerstin Schmeing (Zentralarchiv der Berliner Wasserbetriebe).
Der November hat sich als Veranstaltungstermin offensichtlich bewährt und darf wohl auch für 2019 schon vorgemerkt werden, wenn dann die dritte Ausgabe des Berliner Landesarchivtags in der Stasiunterlagenbehörde stattfinden wird.
Um die Ergebnisse der Tagung auch einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, werden die Veranstalter versuchen, die Vorträge zu publizieren.